Verena Kienast

ansichts.SACHE
Verführung zum lustvollen Hinsehen

Richard Kaplenigs Bilder sind eine sehr persönliche Sache: Die Gegenstände, die er in ihnen in den Mittelpunkt stellt, sind Objekte, die ihm im Alltag begegnen. In einer Werkstatt, auf dem Flohmarkt, bei Freunden, auf der Straße. Ob sie sich eignen, bestimmt die Sympathie. Und die wiederum ergibt sich aus der Form, dem Material, vielleicht auch ein bisschen aus ihrer Funktion. Da gibt es das in die Jahre gekommene Parfumfläschchen, die Kerzenglühbirne mit Glühfaden, Kettenglieder, Schraubstücke, Inbusschlüssel und ausgediente medizinische Instrumente. Es sind zumeist kleine, im Alltagsleben wenig beachtete Teile, die nun bei Kaplenig ihren großen Auftritt haben, die aus dem konventionellen Zusammenhang gerissen werden und neue Bedeutung erhalten. Dabei gewinnen sie nicht nur ein Vielfaches an Größe, sondern offenbaren auch die Schönheit ihrer Gestalt. In der Zentralperspektive des Bilds erhält das Objekt nun geradezu Kultstatus. Mit seinen geschmeidigen Rundungen und Wölbungen, den exakten Kanten und glatten Flächen, den schlanken Höhen und wohlproportionierten Größenverhältnisse. Die Sympathie für den Gegenstand springt schnell auch auf den Betrachter über. .

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Carl Aigner

DAS DING UND DAS BILD
Verzeigte Gegenstände in Richard Kaplenigs Bilderwelten



„…vergeblich zeigt man durch Bilder, Metaphern, Vergleiche das, was man zu sagen im Begriff ist.“
Michel Foucault

Warum ist ein Gegenstand ein Bild wert? Die Malerei von Richard Kaplenig scheint unentwegt um diese Frage zu kreisen. War es im 19. Jahrhundert die Erfindung der Photographie, die eine neue Antwort auf diese Frage gibt, indem sie sich jedweder Symbolik oder Metapher verweigert und sich erstmals als existentielle Seinsvergewisserung der Dinge konstituiert, so war es im frühen 20. Jahrhundert Marcel Duchamp, der mit seinem „Pissoir“ nicht nur die Gegenstandswelt der Massengesellschaft fokussierte, sondern den Gegenstand selbst als exklusives Bildsein begriff, welches keiner weiteren medialen Vermittlung bedarf. Die Materialbilder des 20. Jahrhunderts sind ein unablässiger Versuch, das Sein der Dinge als Bild zu begreifen.
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Günther Oberhollenzer

Die Schönheit des Unscheinbaren

Das virtuose Spiel mit figurativer Form, Größe und Bedeutung in den neuen Malereien von Richard Kaplenig - Lesen Sie mehr ...

„Any incentive to paint is as good as any other. There is no poor subject. Painting is always strongest when in spite of composition, color, etc. it appears as fact, or an inevitability, as opposed to a souvenir or arrangement.“

Robert Rauschenberg.

Michael Kos

Leinwandkino

In den aktuellen Arbeiten Richard Kaplenigs tritt eine neue Gegenständlichkeit in den Vordergrund. Küchengerät, Scheinwerfer, Stühle... - es sind Artefakte des Banalen, die in einer überraschend physischen Präsenz von der Leinwand starren und eine Dinglichkeit behaupten, die durch ihre Größenordnung an den Rand einer subtilen Bedrohlichkeit rücken. Der undefinierte Raum um sie herum - ein Nebel (sic megla) - verstärkt ihre Exponiertheit, indem er die narrative Einbettung verschweigt. Hier kommen eigentlich zwei kinematographische Gesten ins Spiel dieser Malerei.

Auf der einen Seite wird die Monumentaltität der Projektion beschworen. Diese Malerei erinnert unbewusst an die Anfänge des Films, als die ersten Cineasten aus den verdunkelten Kinos geflüchtet sind, weil sie mit Nahaufnahmen konfrontiert wurden. Eine einfahrende Lokomotive (Lumière) oder beängstigend große Gesichter (Eisenstein) standen außerhalb der Wahrnehmungserfahrung. Ähnlich bestechen die von Kaplenig gewählten Dinge dadurch, dass sie - obwohl in der Alltagserfahrung vertraut - in ihrer Dimensionierung dieses Vertrauen verlieren.

Hier kommt der zweite Aspekt zum Tragen: Dieser Vertrauensverlust wird in einem reduziert chromatischen "Sfumato" exerziert, sodass das eine oder andere Bild Kaplenigs wie ein Standbild der Nouvelle Vague anmutet. Der Künstler vermittelt seinen Dingen einen eigentümlichen Suspense. Die symbolische Aufgeladenheit ist eine scheinbare, sie mündet in der Leere, da die Entladung zwar greifbar wirkt, aber letztlich nicht stattfindet. Genau durch diese schwebend gehaltene, dramaturgische Labilität bewahren sich jedoch diese Dinge ihre Autarkie.

Man wird diese Malerei im Original sehen müssen, im Katalog kann sie allzu leicht ins Puppenhaus gerückt werden. Erst davor stehend - im Bildraum, wie ihn auch ein Kino repräsentiert - ist die Aufmerksamkeit dafür gesichert, wie gekonnt hier Kaplenig im Heideggerschen Vokabular sein diverses "Zeug" zum "Werk" macht.

Michael Kos, 2012